Der Rondat oder auch die Radwende ist ein grundlegendes Turnelement. Es gehört zur Strukturgruppe der Überschlagbewegungen im Gerät- und Kunstturnen. Geturnt wird der Rondat am Boden, aber auch am Schwebebalken. Wir klären die biomechanischen Aspekte der einzelnen Aktionen und stellen Übungen zum Erlernen der Radwende vor.
Biomechanische Aspekte des Rondats
Strukturgruppe
Der Rondat gehört zur Strukturgruppe der Überschlagbewegung en. Alle seitlichen Überschlagbewegungen weisen in der Hauptfunktionsphase zwei gemeinsame Aktionen auf:
- Schwungbeinimpuls zur Verstärkung der bereits vorhandenen Rotation um die Körpertiefenachse (KTA)
- Druckbeinimpuls zur Rotationsverstärkung um die KTA
- Rotation von 360° um alle Körperachsen
- Vorwärtsrotation um Körperbreitenachse (KBA) mit Teilrotation um Körperlängsachse (KLA), das führt zur Teilrotation um KTA bis zum Zeitpunkt des Stützes der zweiten Hand
- Handabdruck und Courbet (Beinschnepper) mit gleichzeitiger KLA-Rotation, so dass der Körper während der Flugphase um die KBA dreht und die Landung entgegen der Laufrichtung erfolgt (zur Möglichkeit eines Absprunges rückwärts)
Aktionen
- Anlauf-Hopser
- Landebein des Hopsers wird zum Schwungbein
- Handaufsatz mit 3/8 Drehung und Aufschwingen des Schwungbeines (rückhoch) zur Verlagerung des KSP vor das Druckbein und Rotationsverstärkung um die KTA
- Druckbeineinsatz mit Heranschwingen an das Schwungbein in Aktivüberstreckung, um den Gesamten Körper zu rotieren und den KSP zu beschleunigen
- Schnelles Eindrehen der Hüfte mit 1/8 Drehung in überstreckten Seithandstand, um die neue Bewegungsrichtung zu erreichen und Vorspannung für das Courbet zu erhalten
Hauptaktionen
- Courbet (Beinschnepper) abwärts mit Abbremsen zur Beschleunigung und Impulsübertragung der Beinrotation auf den Gesamtkörper mit gleichzeitiger Erhöhung der Rotationsgeschwindigkeit (verringertes Trägheitsmoment durch Hüftbeugung)
- Schulter- und Handabdruck zum Aufrichten des Körpers
Aktionsskizze
Aus der Bewegungsbeschreibung und den Aktionen lässt sich folgende Aktionsskizze ableiten: Anlauf - Hopser - Handaufsatz - Druckbeineinsatz - Schwungbeineinsatz - Hüftdrehung - Courbet - Handabdruck
Vorbereitungen zum Erlernen der Radwende
Konditionelle Voraussetzungen
- Stützkraft (v.a. triceps brachialis, deltoideus)
- Öffnen des Arm-Rumpf-Winkels (v.a. pectoralis major)
- Abfangen des Kraftstoßes bei der Landung (v.a. unterer Rücken, glutaeus max., med. und min., quadrizeps femoris, triceps surae)
Koordinative Voraussetzungen
- Auf einem kleinen Kasten an der Wand mit davor gelegter Niedersprungmatte in die Aktivüberstreckung turnen, Brust und Hüfte nach unten drücken, danach die Beine peitschenartig nach unten schlagen. Durch Hand- und Schulterabdruck den Oberkörper ausrichten, so dass mit fast gestrecktem Oberkörper der Stand erreicht wird > Helfer: seitlich stabilisiert am Oberschenkel (nahe der Knie) und hilft beim Öffnen de ARW
- Am Boden an der Wand in die Aktivüberstreckung turnen, Brust und Hüfte nach unten drücken, danach die Beine peitschenartig nach unten schlagen. Durch Hand- und Schulterabdruck den Oberkörper aufrichten, so dass mit fast gestrecktem Oberkörper der Stand erreicht wird > Helfer: seitlich stabilisiert am Oberschenkel (nahe der Knie) und hilft beim Öffnen de ARW
Methodische Schritte
Kennenlernen der optimalen Ausgangsposition (Fuß- und Handposition beim Aufschwingen)
- Hand- und Fußmarkierung am Boden anbringen (für Rechts- und Linksdreher). Dazu kann etwa mit Magnesia auf der Matte die Position von Händen und Füßen eingezeichnet werden. Von den Fußmarkierungen ausgehend die Hände auf die Handmarkierungen setzen und in den seitlichen Handstand (3/8 Drehung) aufschwingen, dabei die Beine schließen > Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte
- Vor den Fußmarkierungen beginnend mit einem Schritt auf die Markierung des Schwungbeines folgt das Druckbein, anschließend die Hände auf die Handmarkierungen setzen und in den seitlichen Handstand (3/8 Drehung) aufschwingen, dabei die Beine schließen > Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte; Kennenlernen der Hüftaktion
- In den Seithandstand schwingen (wie oben beschrieben). Nach erreichen der seitlichen Handstandposition eine 1/8 Drehung in der Hüfte durchführen und die Beine in den Stand senken (gebückt), daraufhin den Oberkörper aufrichten. Zunächst langsam probieren, anschließend dynamischer. Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte
- In den Seithandstand schwingen (wie oben beschrieben). Nach erreichen der seitlichen Handstandposition eine 1/8 Drehung in der Hüfte durchführen und die Beine peitschenartig nach unten schlagen. Durch Hand- und Schulterabdruck den Oberkörper aufrichten, so dass mit fast gestrecktem Oberkörper der Stand erreicht wird; Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte
Kopplung aller bisherige Aktionen
- Vor den Fußmarkierungen beginnend mit einem Schritt auf die Markierung des Schwungbeines folgt das Druckbein, anschließend die Hände auf die Handmarkierungen setzen und in den seitlichen Handstand (3/8 Drehung) aufschwingen, dabei die Beine schließen. Nach erreichen der seitlichen Handstandposition eine 1/8 Drehung in der Hüfte durchführen und die Beine peitschenartig nach unten schlagen. Durch Hand- und Schulterabdruck den Oberkörper aufrichten, so dass mit fast gestrecktem Oberkörper der Stand erreicht wird > Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte; Vorschalten des Anlaufs mit Hopser
- 2-3 Schritte anlaufen und Hopser (vorausgesetzt) durchführen. Mit einem Schritt auf die Markierung des Schwungbeines folgt das Druckbein, anschließend die Hände auf die Handmarkierungen setzen und in den seitlichen Handstand (3/8 Drehung) aufschwingen, dabei die Beine schließen. Nach erreichen der seitlichen Handstandposition eine 1/8 Drehung in der Hüfte durchführen und die Beine peitschenartig nach unten schlagen. Durch Hand- und Schulterabdruck den Oberkörper aufrichten, so dass mit fast gestrecktem Oberkörper der Stand erreicht wird > Helfer: hinter dem Körper (Körperrückseite) greift mit Klammergriff an die Hüfte
Profi-Tipp: Wenn die TurnerInnen die Radwende selbständig üben, können die Hände mit Magnesia eingerieben werden, so dass anschließend der Handaufsatz durch die TurnerInnen selbständig kontrolliert werden kann.
Literatur zum Nachlesen
- Knirsch, Kurt (1997): Gerätturnen mit Mädchen und Frauen. Kirchentellinsfurt: Knirsch-Verlag.
- Knirsch, Kurt (1996): Fundamentum des Gerätturnens. Sindelfingen: Röhm.
- Lange, S. & Bischoff, K. (2009). Doppelstunde Turnen. Schorndorf: Hofmann.
- Lange, S. (2015). Turnen in der Primarstufe. Schorndorf: Hofmann.